Ähnlich wie die Haut oder die Kleidung müssen Wände und Decken der Räume luftdurchlässig sein, damit die verbrauchte Luft mit ihren Gift- und Schlackestoffen nach außen entweichen und frische, sauerstoff- und ionenreiche Luft eindringen kann. Der stündliche Frischluftbedarf eines Menschen beträgt 30 bis 60 cbm. Der Luftaustausch in Räumen soll das Ein- bis Zweifache des Raumvolumens pro Stunde betragen. Sie die Wände und Decken nicht atmungsfähig und haben wir dichtschließende Fenster und Türen, so kommt es in den Räumen zu Kohlendioxidanreicherung und Sauerstoffmangel sowie zur Geruchsbelästigung.
Ein Luftaustausch bei atmungsfähigen Wänden und Decken verhindert auch die Entstehung von feuchten Wänden, verbessert das luftelektrische Feld in den Räumen und nähert es den natürlichen Verhältnissen an.
Aus baubiologischer Sicht sind Leimfarben- und Kalkfarbenanstriche sehr zu empfehlen, da sie die Atmungsfähigkeit des Untergrundes nicht behindern und auch keinerlei Nebenwirkung zeigen. Bei Binderfarbenanstrichen muss man, da sie Kunststoffzusätze haben, mit elektrostatischen Aufladungen rechnen und außerdem sind sie nur bedingt atmungsfähig. Dies sollte man ganz besonders bei Wohn- und Schlafräumen berücksichtigen.
Leimfarbenanstriche
Diese Anstrichart ist am leichtesten und billigsten durchzuführen, sie ist jedoch nicht wasserbeständig. Ihre Anwendung kommt daher nur für Innenanstriche in trockenen Räumen in Betracht, und zwar auf Kalk- und Gipsputz, auf Leichtbauwänden sowie auf Tapeten.
Als Farbstoffe dienen Pigmentfarben, sog. Körperfarben, und als Bindemittel Zell- oder Pflanzenleim. Zellleim bietet den Vorteil, dass er nicht schimmelt und gärt.
Vorbereitung des Untergrundes: Alte Leimfarbenanstriche sind vor dem Anstrich mit Wasser gründlich abzuwaschen bzw. mit Bürste und Spachtel abzukratzen. Wegen seiner stark saugenden Wirkung wird Gipsuntergrund durch einen Anstrich mit Seifenlösung vorbereitet; neuer Kalkputz wird mit einem Grundierungsanstrich mit Alaunlösung versehen (z.B. 200 g Alaun in 5 l warmen Wasser gelöst für 50 qm Fläche). Auch bei Gipsuntergründen empfiehlt sich ein Alaunisieren. Löcher und Risse in der Wand sind vor dem Anstreichen zu vergipsen, rauhe Oberfllächen abzuschleifen. Feuchte Stellen oder Rauhflecken sind mit Spirituslack zu isolieren. Leimfarbenanstriche lassen sich auch auf der Tapete anbringen.
Anrühren der Farbe: Um einen gut deckenden Anstrich zu erreichen, sind je ein Grundierungs- und ein Deckanstrich erforderlich. Die Grundierung benötigt weniger Kreide und mehr Leim als der Deckanstrich. Pro qm anzustreichender Fläche rechnet man beim Grundanstrich mit 150 g Kreide und 6 g Zellleim (Trockenleim), beim Deckanstrich mit 200 g Kreide und 4 g Zellleim.
Die Kreide schüttet man in einen Eimer, setzt so viel Wasser zu, bis dieses über der Kreide steht. Der Leim wird in einem zweiten Gefäß in Wasser im Verhältnis 1:25 gelöst. Beide Lösungen bleiben am besten zwölf Stunden stehen und werden erst vor Gebrauch miteinander gemischt. Zur Probe streicht man ein Stück Papier, lässt es trocknen und wischt dann mit dem Finger darüber. Färbt der Anstrich ab, so ist etwas mehr Leim zuzusetzen, blättert die Farbe ab, fügt man etwas Kreidebrei hinzu. Soll eine Decke getönt oder der Wand ein farbiger Anstrich gegeben werden, so kann man die gewünschte Farbe fertig gemischt beziehen, oder auch selbst mischen. Im letzten Fall ist dem Kreidebrei vor dem Zusetzen der Leimlösung nach und nach eine geringe Menge einer Farbe zuzusetzen und gut zu verrühren. Dann führt man auf ein Papier immer wieder einen Probenanstrich aus, bis der gewünschte Farbton erreicht ist. Die Beurteilung ist nur nach dem jeweiligen Trocknen möglich, da Leimfarben im nassen Zustand viel dunkler aussehen.
Der Vorgang des Anstreichens ist dieser, dass man auf den gut getrockneten, weißen Grundierungsanstrich den farbigen Anstrich aufträgt.
Kalkfarbenanstriche
Diese werden besonders für Räume angewendet, in denen sich Feuchtigkeit niederschlagen kann oder die starken Temperaturschwankungen ausgesetzt sind, also Küche, Waschküche, Badezimmer, Ställe und Lagerräume. Sie sind auch zum Streichen von Fassaden geeignet.
Es kann auf folgenden Untergründen gestrichen werden: Kalkputz, Zementputz, Mauerziegel, Leichtbauplatten und saugfähiger Naturstein. Nicht verwendbar ist Kalkfarbe auf Gipswänden, Putz mit Ölfarben- oder Wasserglasanstrich, auf Metall, Glas und Holz.
Material
Für eine weiße, streichfähige Kalkfarbe benötigt man nur Kalk und Wasser, da Kalk nicht nur Farbstoff, sondern auch Bindemittel ist. Nur um stark saugende Untergründe abzudichten oder um den Anstrich zu festigen, gibt man ihm Zusätze von Leinölfirnis bzw. Magermilch bei, die den Anstrich auch wasserabweisend machen. Am besten ist Sumpfkalk geeignet, ein Kalkbrei, der mindestens ein Jahr lang gelagert sein soll.
Vorbereitung des Untergrundes
Auf neuem Putz schleift man vor einem Anstrich alle Unebenheiten mit Bimsstein sauber ab. Auf altem Kalkfarbenuntergrund sin aller Staub und Schmutz mit Bürste und Wasser, lose Kalkschichten mit einer Spachtel restlos zu entfernen, Putzschäden werden mit Kalkmörtel ausgebessert.
Auf alten Leimfarbenanstrichen kann ein Kalkfarbenanstrich nur dann empfohlen werden, wenn der alte Anstrich sorgfältig abgewaschen und die nasse Fläche mit Kalkmilch grundiert worden ist.
Anrühren der Farbe
Kalkfarben dürfen nur in dünner, milchiger Beschaffenheit aufgetragen werden, weil dicke Schichten absplittern. Auf frischem Putz sind drei, auf altem Putz zwei Anstriche nötig. Für weiße Grundierungsfarbe sind vier Gewichtsanteile Kalkbrei mit sechs Gewichtsteilen Wasser zu verrühren; mit 1 kg Farbe können 2,5 qm gestrichen werden.
Der Kalk muss mit dem Wasser gut verrührt werden. Soll zur Härtung des Anstrichs Magermilch zugesetzt werde, so verrührt man in einem Gefäß ¾ l Magermilch in 5 kg Kalkbrei, verdünnt mit Wasser und gießt die Lösung unter ständigem Verrühren in die Kalkmilch. Bei stark saugenden Putzuntergründen setzt man anstelle von Magermilch. Leinölfirnis zu, und zwar 3 Esslöffel auf 5 l Kalkbrei, getrennt verrührt und mit Wasser verdünnt. Die gleiche Zusammensetzung ist auch für den zweiten Anstrich zu verwenden. Um eine gute Deckkraft zu erzielen, ist ein Zusatz von 50 g Kreide empfehlenswert, die vorher in Wasser eingeweicht wird. Dabei ist zu beachten, dass nur gut abgelagerter Kalk den Kreidezusatz verträgt. Auch dem dritten Anstrich kann man Kreide beigeben.
Da der Kalk nur im feuchten Zustand abbinden kann, sind vor dem Grundieranstrich alle Flächen mit Wasser zu benetzen. Daher soll der Anstrich auch nicht bei großer Wärme und nur bei geschlossenem Fenster erfolgen, um Zugluft zu vermeiden.
Die alkalische Kalkfarbe hinterlässt auf Naturholz üble Flecken. Daher sollte man den Fußboden und die Möbel gut abdecken. Auch Metall muss geschützt werden. Gelangt Farbe ins Auge, muss dieses sofort ausgespült werden.
Weiße Anstrichfarbe kann mit bunten Körperfarben (Kalkfarben) gefärbt werden. Für die Grundierung arbeitet man mit der bereits angegebenen Kalkmilch. Für den zweiten und dritten Anstrich werden 9 Gewichtsteile Kalkbrei mit 1 Gewichtsteil Farbe und 15 Gewichtsteilen Wasser gemischt. Kreide wird nicht zugegeben. Firnis- oder Magermilchzusatz erfolgt wie bereits angegeben.